Die Symptome sind von dem Verlauf der Krankheit selbst abhängig. Die Entzündungen sind unterschiedlich gefährlich sind und erforden unterschiedliche Behandlungen.
Bei der offenen Gebärmutterentzündung kann der Eiter über den geöffneten Muttermund abfließen. Dabei sind die äußeren Schamlippen (Vulva) der Hündin geschwollen und sie hat einen eitrig-braunen Ausfluss, der oft als sehr
übelriechend wahrgenommen wird.übelriechend wahrgenommen wird. Dem Besitzer wird evtl. auffallen, dass sich seine Hündin übermäßig viel putzt und leckt. Diese Form wird als weniger dramatische Version der Pyometra, da die
Gebärmutter angesehen,da da die Gebärmutter zumindest nicht Gefahr läuft, zu Platzen. Da sich die Situation jedoch jederzeit drastisch verschlechtern kann, muss auch hier unbedingt direkt gehandelt werden.
Zumindest bei der offenen Pyometra ist der blutige bis eitrige und übelriechende Ausfluss ein häufiges Anzeichen für die Erkrankung. In frühen Stadien kann er allerdings mit einer normalen Läufigkeitsblutung verwechselt werden.
Leider ist eine Gebärmutterentzündung nicht immer direkt zu erkennen, da die Hündinnen oft relativ unauffällige Symptome zeigen. Diese können Durchfall, Erbrechen, starker Durst und häufiges Harnabsetzen, Mattigkeit und Fieber
sein. Auch Schmerzen im hinteren Bauchbereich können der Hündin zu schaffen machen. Die geschlossene Pyometra ist die extrem gefährliche Form der Pyometra. Die Gebärmutter der Hündin füllt sich mehr und mehr mit Eiter, der
nicht ablaufen kann. Der Bauch der Hündin ist deutlich aufgebläht und die Bauchdecke ist fest angespannt und schmerzhaft. Weiterhin hat die Patientin viel Durst und trinkt viel, somit häuft sich auch das Wasserlassen. Die Hündin hat
Fieber und ist offensichtlich in ihrem Allgemeinbefinden gestört. Wie bereits erwähnt besteht die Möglichkeit, dass das mehr und mehr gespannte Organ - wie ein Luftballon, der zu stark aufgeblasen wird - irgendwann platzt. Der Inhalt
entleert sich allerdings nicht in die Umwelt, sondern in die Bauchhöhle der Hündin. Das ist extrem gefährlich! Denn die eitrige, mit Bakterien angereicherte Flüssigkeit, hat dort nichts zu suchen! Es kann zu einer Bakteriämie kommen
(Bakterien gelangen in die Blutbahn). Durch die von den Bakterien gebildeten Gifte kommt es im Anschluss zu einer Blutvergiftung, die lebensbedrohlich ist. Der Körper schaltet sein Immunsystem ein und Fieber ist die Antwort.
Bei den Ursachen einer Gebärmutterentzündung beim Hundist es ein bisschen wie bei dem Huhn und dem Ei: Ob zuerst der Hormonhaushalt aus dem Gleichgewicht gebracht wird, oder zuerst eine bakterielle Infektion stattfindet,
ist derzeit nicht geklärt. Die meisten Fälle von Pyometra treten während des Metöstrus auf. Das ist die dritte Phase des Zyklus. In dieser Phase kümmert sich der Körper darum, dass die Gebärmutterschleimhaut erneuert wird.
Aber Vorsicht! Nur weil eine Hündin sich nicht im Metöstrus befindet, bedeutet das nicht, dass eine Gebärmutterentzündung ausgeschlossen werden kann. Oft erkennen die Besitzer die Symptome relativ spät, wodurch die Hündin erst
ziemlich spät in der Ruhephase (Anöstrus) einem Arzt vorgestellt wird. Wenn die Gebärmutterentzündung im Metöstrus unerkannt bleibt, kann die Situation verschlimmern: Im Metöstrus ist der Muttermund zunächst noch offen, daher
liegt eine offene Pyometra vor. Diese wird allerdings zur gefährlichen geschlossenen Form, wenn sich am Ende des Metöstrus der Muttermund schließt.
Wie wird die Gebärmutterentzündung behandelt?
Bei der offenen Form wird meist die konservative Behandlungsweise, mit Hilfe von Medikamenten, gewählt. Das Mittel der Wahl ist hier der Progesteronhemmer Aglepriston, ein Antigestagen. Wichtig ist allerdings die
Kombinationsgabe eines Antibiotikas um die Bakterien zu bekämpfen. Durch den offenen Muttermund kann der Eiter ablaufen und die Gebärmutter hat die Chance, die Entzündung zu bekämpfen.
Bei der geschlossenen Form ist eine Kastration als lebensrettende Sofortmaßnahme unumgänglich. Nur so kann sicher gewährleistet werden, dass die Hündin wieder gesund wird. Ist dieHündin durch die Entzündung im Körper schon
sehr geschwächt, muss vor der Kastration der Kreislauf des Tieres durch Infusionen stabilisiert werden.Es gibt auch Ansätze, die geschlossene Gebärmutterentzündung konservativ, also nur mit Medikamenten zu behandeln. Dazu
verabreichen Tierärzte Antibiotika und progesteronähnliche Substanzen, um den Muttermund zu öffnen und den Eiter abfließen zu lassen. Diese Methode ist allerdings nur im frühen Stadium der Krankheit überhaupt in Betracht zu
ziehen und garantiert nicht, dass die Entzündung nicht wieder kommt. Wie bereits erwähnt, stellt eine geschlossene Gebärmutterentzündung eine sehr große Gefahr für die Gesundheit der Hündin dar. Jederzeit kann es passieren, dass
die Situation eskaliert und die Hündin durch das Platzen der Gebärmutter vergiftet wird. Demnach sollte die Konservative Therapie eher kritisch gesehen werden.Sollte sich dennoch für eine konservative Behandlung entschieden
werden, ist eine regelmäßige Kontrolle absolut anzuraten! Ebenso sollte die Medikamentenverträglichkeit und die Nierenüberwachung auf dem Therapieplan stehen.
Diabetes:
Auch in einigen Fällen von Diabetes kann eine Kastration sinnvoll sein, besonders bei Hündinnen, die während einer Scheinträchtigkeit starke Progesteron-Ausschüttungenhaben.
Ohrentzündungen:
In sehr seltenen Fällen kommt es durch eine Allergie gegen Sexualhormone zu Ohrentzündungen. Da Ohrentzündungen jedoch eine Vielzahl an unterschiedlichen Ursachen haben, ist hier eine genaue Abklärung erforderlich.
Scheinträchtigkeit / Scheinmutterschaft:
Hündinnen, die extrem unter Scheinträchtigkeit / Scheinmutterschaft mit Knötchenbildung im Gesäuge leiden, sind ebenfalls Kastrationskandidaten.
Welche Auswirkungen hat eine Kastration ?
Stoffwechsel
Bei kastrierten Hunden wird der Stoffwechsel erheblich verringert (Energiebedarf fällt um bis ca. 30%) – gleichzeitig geht auch die appetitdämpfende Wirkung der Sexualhormone zurück.
Das bedeutet die Hunde haben mehr Appetit, benötigen aber weniger Energie. Es ist besonders auf die Einhaltung des rassentypischen Gewichtes zu achten. Übergewicht führt nämlich
zusätzlich noch zu den bekannten Nebenwirkungen zu Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauferkrankungen, Gefäßerkrankungen…Auch die Harnstein- und Harngrießbildung steigt bei
übergewichtigen Hunden und ist bei kastrierten Hunden sehr oft zu beobachten. Herzkreislaufprobleme, ein erhöhtes Narkoserisiko und eine geringe Lebenserwartung sind ebenfalls Risiken bei
übergewichtigen Hunden.
Es sollte also darüber nachgedacht werden den Kastraten, insbesondere Hündinnen, auf ein spezielles Diätfutter umzustellen. Die übliche Futtermenge um 1/3 zu reduzieren kürzt auch
die Vitamine und Mineralstoffe ein und führt langfristig zu einer Mangelerscheinung.
Tumore
In mehreren Studien wurde eine erhöhte Anfälligkeit für Prostatatumore bei Rüden vermeldet. Die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung ist bis zu dreimal höher als bei intakten Rüden. Bei Rüden nimmt das Risiko
von Tumoren rund um den Analbereich ab, bei Hündinnen nimmt es zu. Das Risiko von Milz‑, Knochen‑, &Herztumore ist nach der Kastration erhöht. Bei Hündinnen geht man von einem vierfach erhöhten Risiko
aus an Herztumoren zu erkranken, bei Rüden von einer 1,6 fachen Wahrscheinlichkeit. Bei Knochentumoren ist das Risiko umso höher, je jünger der Hund bei der Kastrationwar.
Inkontinenz
Inkontinenz ist eine Folgeerkrankung von Hündinnen nach der Kastration. Der Schließmuskel der Harnröhre ist nicht mehr in der Lage den Harnfluss zu kontrollieren. Besonders große Rassen ab 20kg sind
besonders häufig von dieser Krankheit betroffen. Bei Boxern, Dobermännern, Riesenschnauzern und Rottweilern werden bis zu 2/3 der Hündinnen inkontinent. Diese Tiere müssen mit Hormonen behandelt
werden, die besonders bei A‑Typen aggressionssteigernde Verhaltensweisen hervorrufen. Das erklärt wahrscheinlich warum unsere Pensionshündin zunehmend gegen andere Hunde aggressiv wurde…
Fell
Hündinnen haben nach der Kastration oft eine stärkere Unterwolle. Rüden haben eher eine stumpfere und flauschigere Fellbeschaffenheit. Manche Rassen haben ein erhöhtes Risiko für kahle Stellen an den
Flanken und im hinteren Rumpfbereich. Cocker Spaniel, Irish Setter und Langhaardackel neigen besonders zur Entwicklung eines Welpenfells.
Bewegungsapparat
Das Risiko von Schäden auf den Bewegungsapparat nicht nur durch potenzielles Übergewicht sind nicht zu unterschätzen. Auch die Gefahr von Gelenkfehlbildungen &Gelenkschäden steigt. Das Risiko an
Hüftgelenksdysplasie (HD) zu erkranken steigt enorm an z.B. bei Boxern um das Eineinhalbfache. Besonders hoch ist dieses Risiko bei Frühkastraten unter sechs Monaten. Auch ein erhöhtes Risiko für
Kreuzbandrisse wurde statistisch nachgewiesen – intakte Hunde sind etwa nur halb so häufig betroffen.
Rüden sind durch ihren Muskelabbau durch den Wegfall des Testosterons stärker betroffen. Physiotherapie und Bewegung ist bei diesen Hunden noch wichtiger als bei intakten Hunden und es beugt zugleich
dem Übergewicht vor.
Gehirn und Verhalten
Durch den Wegfall von Östrogen besteht bei beiden Geschlechtern ein erhöhtes Risiko von Alters-Demenz. Es treten die typischen Seniorenprobleme auf: Orientierungslosigkeit, soziale Vergesslichkeit,
gesteigerte Nervosität, Schlafstörungen, erhöhte Aggressivität usw., welche auf geschädigte Nervenbahnen im Gehirn zurückzuführen sind.
Bereits beschrieben hatte ich Cortisol bedingte Verhaltensweisen wie Angst, Stress und daraus resultierende Aggression. Hündinnen verteidigen zu 60% mehr Ressourcen. Auch die Aggression gegenüber dem
Menschen und Artgenossen steigt an (”Dominanzaggression”). Außerdem haben kastrierte Hunde eine erhöhte Infektanfälligkeit und unter anderem ist ihre Wundheilung geringer, was ebenfalls auf das Cortisol
zurückzuführen ist.
❗❗Kastrierte Hunde ändern sich in ihrem Verhalten, ihrer Persönlichkeit, körperlich als auch gesundheitlich❗❗
Wann sollte man auf gar keinen Fall kastrieren?
Jagen
Ähnlich hartnäckig wie das Gerücht der Gesäugetumore hält sich das Gerücht, dass man mit einer Kastration das Jagen eines Hundes verhindern könnte. Die Annahme ist aus biologischer und
neuropysiologischer Sicht falsch. Jagdverhalten entsteht in ganz anderen Regionen im Gehirn, als Aggression, die immer wieder mit dem Jagdverhalten in Verbindung gebracht wird. Jagdverhalten entsteht im
Hypothalamus und wird über den Botenstoff Acetylcholin gesteuert. Interessant ist, dass dieser Botenstoff häufig bei epileptischen Anfällen beteiligt ist, deshalb zeigen erkrankte Tiere Verhalte wie Fliegen
schnappen, Schatten jagen und andere aus dem Beutefangverhalten stammende Verhaltensweisen.
Aggression hingegen entsteht im Emotionsgehirn und die Botenstoffe Dopamin, Noradrenalin und Serotonin habe ich ja weiter oben schon behandelt. Auch verhaltensbiologisch gibt es Unterschiede zwischen
Jagen und Aggression. Beim Jagen wird die Individualdistanz verringert und es gibt keine Vorwarnung. Bei Aggression wird die Individualdistanz vergrößert und meist durch Knurren etc. vorgewarnt.
Bei Hunden und Katzen gibt es Erfahrungswerte und Studien. Insbesondere Rüden sind nach der Kastration stärker jagdlich motiviert, weil sie durch die fehlenden Geschlechtshormone nichts
anderes mehr im Sinn haben. Bei Katzen dämpfen alle Sexualhormone den Jagdtrieb. Kastrierte Katzen sind deshalb bei der Jagd erfolgreicher und jagen mehr als intakteTiere.
Unsicherheit /Angst
Bei unsicheren Hunden, die ihre Unsicherheit durch Aggression ausdrücken, wird leider auch immer wieder zur Kastration geraten. Sowohl die Bielefelder Kastrationsstudie als auch aus hormonpsychologischer
Sicht gilt es unter Tierärzten als Kunstfehler angstaggressive (bzw. angstgesteuerte) Rüden zu kastrieren.
Unsichere Tiere reagieren meist mit Aggression, ohne vorher vorzuwarnen, weil sie die Situation als lebensbedrohlich empfinden und es ein Nachteil wäre, den Gegner vorher zu warnen. Manchmal ist die
Aggression nur schwer von Beutefangverhalten unterscheidbar, aber da in beiden Fällen eine Kastration kontraproduktiv wäre, ist es müßig darüber zu diskutieren aus welchem Grund der Hund dieses
Verhalten zeigt.
Es zählen auch Hunde zu diesem Verhaltenskreis, die aus Unsicherheit heraus z.B. Ressourcen verteidigen. Ihr Verhalten ist Cortisol gesteuert.
Bei der defensiven Territorialverteidigung eines Cortisol gesteuerten Rüdens ist eine Kastration ebenfalls nicht angebracht. Bei Hündinnen muss man den
Zyklus berücksichtigen.
Hunde, die aus ungünstigen Haltungsbedingungen kommen, Tierheimhunde oder importierte Hunde aus dem Ausland, die dann auch noch eher eine zurückhaltende Persönlichkeit haben (B‑Typ) sollten ebenfalls
nicht kastriert werden.
Bei unsicheren Testosteron gesteuerten Hündinnen (Rüdin) kann eine Kastration eine Besserung erzielen, weil dann mehr Testosteron produziert wird, was die Stresshormone dämpft.
Ganzjährig unsichere, eher weiblichere Hündinnen, die Östrogen gesteuert sind, verschlimmern sich nach einer Kastration.
Hündinnen, die nur während der Läufigkeit unsicher sind, kann mit einer Kastration geholfen werden, da die Läufigkeit dann nicht mehr auftritt. Tritt die Unsicherheit jedoch in der Scheinträchtigkeit auf und ist
womöglich durch Außenreize indiziert, kann eine Kastration keine Lösung bringen.
Ca. 60% aller kastrierten Hündinnen sind nach der Kastration durch eine erhöhte Ressourcenverteidigung auffällig, was für eine erhöhte Cortisolsteuerung nach der Kastration spricht.
Frühkastration
Eine Hündin gilt als erwachsen, wenn sie drei Läufigkeiten inklusive Scheinmutterschaft durchlebt hat. Auch Rüden gelten etwa im selben Alter wie die Hündin als erwachsen (ca. 2-3 Jahre).
Streng genommen wäre alles davor eine Frühkastration.
Daher sollte man eine Frühkastration unter keinen Umständen in Erwägung ziehen, es sei denn es gibt einen triftigen medizinischen Grund.
Eine Frühkastration kann erhebliche Auswirkungen für
den Hund haben, da die Wachstumshormone das Wachstum abschließen und für ein stabiles Knochengerüst sorgen. Findet in diesem Entwicklungsschritt, also noch vor Ende der Pubertät, nun eine Kastration statt, werden dem Körper diese wichtigen Hormone genommen:
Skelettdeformationen:
Es kommt daher zu einem verstärkten Längenwachstum und die Robustheit der Knochen nimmt ab (weil das Verhältnis von Durchmesser &Länge der Knochen nicht mehr stimmt). Lange, schlaksige Knochen mit ungünstigem Hebelarm
sind die Folge. Da auch die stabilisierende Muskelmasse fehlt, neigen frühkastrierte Hunde häufiger zu Gelenkerkrankungen. Hunde mit einer genetischen Disposition für HD (Hüftgelenkdysplasie), ED (Ellenbogengelenksdysplsie)
und Patella Luxation (Kniescheiben-Erkrankung) zeigen im Erwachsenenalter häufiger das Auftreten dieser Krankheiten. Auch die Gefahr von Kreuzbandrissen steigt nachweislich.
Das Nervensystem wird ebenfalls verändert. Pubertierende zeigen einen schlaksigen, schlenkernden Gang durch das ungleiche Wachstum der Muskeln, Gelenke und Knochen.
Herz- und Kreislauferkrankungen:
Auch das Herz-Kreislauf System wird bei den Hunden in der Pubertät gestärkt, deshalb treten bei vielen frühkastrierten Hunden Herzschwächen &Kreislaufprobleme auf. Der Hund ist sozusagen zu groß für sein Herz und sein Herz
ist zu schwach um für seine Größe.
Stresshormon:
Das Stresshormon Cortisol &das Elternhormon Prolaktin schwanken während der Pubertät und lösen die bekannten Stimmungsschwankungen und Reizbarkeit aus. Diese Hormonschwankungen sind notwendig um das System auf
einen alltagstauglichen Wert einzustellen und dafür zu sorgen, dass das Individuum sich erwachsen verhält. Wird nun zufällig gerade in dieser Zeit kastriert, kann entweder die Unsicherheit und Stressanfälligkeit oder die explosive
Aggressivität das Verhalten der Zukunft sein.
Gehirn:
Die dramatischste Auswirkung einer Frühkastration betrifft das Gehirn. Der Hormoncocktail führt im Gehirn zu einer weitreichende Umorganisation – viele Nebenwege &wenig gebrauchte Zellen werden abgeschaltet während
gleichzeitig die viel beanspruchten Zellen wachsen und sogar verdoppelt werden. Besonders die Hirnrinde profitiert von diesen Umbaufaktionen. Die Empfindlichkeit für bestimmte Botenstoffe für die soziale Kompetenz und das soziale
Bindungsverhalten nimmt zu während die Botenstoffe für das Emotionsgehirn, das limbische System abnehmen. Das bedeutet, dass bei gleicher Anwesenheit beider Botenstoffe mehr rationales vernünftiges Verhalten an den Tag gelegt
wird und weniger emotionales Verhalten.
Bei einer Frühkastration findet dieser Umbau nicht statt und die Tiere verhalten sich ihr Leben lang wie Welpen.
Hormone unter dem Einfluss einer Kastration:
Prolaktin – Elternhormon: Prolaktin sorgt für die Milchbildung und mütterliches Verhalten bei Säugetieren und tritt sowohl bei weiblichen als auch männlichen Tieren auf. Das Prolaktin steuert auch männliches Brutpflegeverhalten
z.B. spielen Rüden mit dem Nachwuchs, beschützen ihn und bringen Futter. Außerdem ist das Brutpflegeverhalten auf den Nachwuchs des eigenen Rudels beschränkt, fremder Nachwuchs wird oftmals
häufig attackiert und getötet (Infantizid). Sind die eigenen Jungtiere noch so klein, dass sie ihr Nest nicht verlassen können, werden alle Jungtiere, die sich vor dem Nest befinden angegriffen. Erst wenn die
Jungtiere das Nest verlassen, werden nur noch Jungtiere angegriffen, die nicht zum Rudel gehören. Dieser Mechanismus greift auch bei Hunden und so werden oft fremde Welpen, Junghunde und auch
Kinder attackiert. Umgekehrt wirkt aber auch ein Kindchenschema oder Gerüche stark auf die Prolaktinproduktion und Hunde von Schwangeren neigen z.B. zu einer erhöhten Verteidigung.
Rüden mit viel Testosteron hemmen das Prolaktin und sind keine guten Väter (Machos).
Fehlt das Testosteron z.B. durch eine Kastration völlig, kann gesteigerte Aggression bei Anwesenheit von Jungtieren auftreten. Kastrierte Hündinnen hingegen können trotzdem scheinträchtig werden, wenn
man ihnen ein Baby ”unterschiebt” und sie verteidigen dieses auch. Oftmals kommt es sogar zu einem geschwollenen Gesäuge und auch Milcheinschuss kann auftreten.
Noradrenlin &Adrenalin – Stresshormone: Noradrenalin &Adrenlalin sind Stresshormone, die in der Nebennierenrinde produziert werden und als Botenstoffe unter anderem im Gehirn arbeiten. Unter Dauerstressstehende Hunde,
nehmen häufig ab, auch wenn man sie mit energiereichem Futter füttert. Diese Hunde neigen zu Herz-Kreislauferkrankungen.
Nach einer Kastration sinkt allgemein die Stoffwechselaktivität, da Testosteron die Zellverbrennung erhöht. Bei einem stark Noradrenlain &Adrenalin gesteuerten Hund kann es zu einer
Gewichtszunahme kommen, allerdings sollte dies nicht als Therapie in Betracht gezogen werden. Hier muss über Stressmanagement und Verhaltensbeeinflussung gearbeitet werden.
Vasopressin – Eifersuchtshormon: Vasopressin verursacht aggressive- und Eifersuchtsreaktionen (Partnerschutzfunktion). Es ermöglicht aber auch die individuelle Erkennung eines Partners. Es arbeitet eng mit dem Jacobsonschen
Organ zusammen, so dass ein Hund Entzündungsfaktoren im Körpergeruch eines Artgenossen wahrnehmenkann.
Hunde, die ihren Halter aus Eifersucht heraus bewachen und verteidigen, sind nicht durch eine Kastration beeinflussbar.
Oxytocin – Bindungshormon: Oxytocin sorgt für eine soziale Bindung und dämpft den Stress. Der Name Oxytocin kommt aus dem Griechischen und bedeutet ”schnelle Geburt”, weshalb es vor allem in der Geburtsvorbereitung
bekannt ist. Es regelt den Milcheinschuss, die Wehentätigkeit und sorgt für die persönliche Erkennung der Jungtiere.
Außerdem weiß man, dass es von vielen Tieren ausgeschüttet wird, wenn zwischen einem Bindungspartner eine Wohlfühlwirkung entsteht z.B. verschafft ein Blickkontakt oder eine Spielaufforderung dem
Menschen einen erhöhten Oxytocinspiegel. Umgekehrt erhöhen Massagen &Streicheleinheiten den Oxytocinspiegel des Hundes.
Werden die Oxytocinrezeptoren unterdrückt, fehlt dem Lebewesen die Bindungsfähigkeit und aus einem monogamen Tier wird plötzlich ein auf One Night Stands stehender Hallodri.
Cortisol – passives Stresshormon: Cortisol ist eines der wichtigsten Hormone, die man bei einer Kastration betrachten sollte. Cortisol hat eine ganze Reihe von Auswirkungen auf das Verhalten und die Gesundheit eines Tieres.
Sexualhormone, Oxytocin und Serotonin dämpfen den Cortisolspiegel und haben also eine angstlösende Nebenwirkung. Ein erhöhter Cortisolspiegel bezeichnet man als Anpassungskrankheit. Ein Tier,
das mit seinem Leben überfordert ist (Kontrollverlust) schraubt seine Erwartungen an sich selbst und seine Umwelt immer weiter zurück. Typisches Verhalten sind Inaktivität, Depression, Lern-
Gedächtnisschwäche, Konzentrationsprobleme, mangelnde Neugier, Schwierigkeiten bei der Abspeicherung von bereits gelerntem und nicht erholsamer Schlaf. Es stehen aber auch Futteraggression,
defensive Territorialverteidigung und der gesamte Komplex von Angst undAngstaggression unter diesem System. Körperliche Auswirkungen sind Muskel- und Eiweißabbau, Immunschwäche, Neigung
zu Diabetes Typ 2, Veränderung der Herztätigkeit sowie erhöhet Belastung der Leber &Nieren durch den Abtransport der Eiweiß- und Stickstoffreste.
Cortisol spielt aber auch eine positive Rolle zur tagesperiodischen Steuerung des Stoffwechsels und der Verdauungstätigkeit. Seine Auswirkungen hängen von der Konzentration ab (niedrig = positiv,
hoch = negative Auswirkung). Sexualhormone dämpfen das Cortisol. Die früher angewandte chemische Kastration hatte Einfluss auf den Cortisolspiegel, der so zu einem völlig falsch eingeschätzten
Verhalten nach der Kastration führte.
Verängstigte, verunsicherte, futteraggressive, defensiv territorialaggressive, leinenaggressive Hunde sollten keinesfalls kastriert werden, da ihre Unsicherheit und Stressanfälligkeit nur noch zunehmen
würde und die Aggressionen stärker werden. Wanderpokalhunde, die ständig ihren Besitzer wechseln und /oder nicht allein bleiben können (Trennungsangst) sollten ebenfalls nicht kastriert werden.
Serotonin – Stimmungsaufheller: Serotonin gibt es sowohl als Botenstoff im Gehirn als auch als Hormon zur Verdauungstätigkeit. Es wird aber auch mit aggressivem Verhalten in Verbindung gebracht. Bei der genetisch diapositionierten
Cocker- und Retrieverwut haben die betroffenen Tiere einen zu geringen Serotoninspiegel und besonders ausgeprägte Rezeptorbindungsstellen. Es treten dann plötzliche Wutausbrüche und
Aggressionen auf. Eine Kastration kann eine serotoninbedingte Aggression nicht verhindern.
Dopamin – Selbstbelohnungshormon: Dopamin wird immer dann produziert, wenn das Tier sich selbst ein Erfolgserlebnis verschafft, egal ob dieses durch das Lösen einer Aufgabe, eine aggressive Attacke oder eine sexuelle Betätigung
entsteht. Dopaminmangel führt häufig zu stereotypem Verhalten, z.B. rammelt der Hund ein Hosenbein oder sein Kissen. Nicht immer ist dieses Rammeln aber hypersexuell, sondern meist fehlt das
typische Werbeverhalten wie z.B: zähfliessender Speichel zur Aktivierung des Jacobsonschen Organs und Zähneklappern. Hunde, die ein Ersatzobjekt rammeln, sind meist von Stress getrieben
oder leiden an Langeweile.Hunde, die sexuelles Verhalten stereotyp zeigen, werden es nach der Kastration noch vermehrt zeigen, da sie meist ”Dopaminabhängig” sind. Dopamin wird nämlich schon
vor der eigentlichen sexuellen Aktion ausgeschüttet, so sind auch Kastraten noch in der Lage eine Hündin zu decken.
Testosteron – Erfolgshormon: Etwa 5% der Sexualhormone (Testosteron &Östradiol) werden in der Nebennierenrinde produziert. Erlebt das Tier einen Erfolg z.B. einen gewonnenen Kampf, erhöht sich der Testosteronspiegel.
Körperliche Symptome eines verstärkten Testosteronspiegels sind verstärkte Robustheit der Knochen im Bereich des Schädels, Vorderextremitäten und des Schultergürtels, eine Verstärkung der
Skelettmuskulatur, erhöhter Grundstoffwechsel in der Zellatmung. Ein erhöhter Testosteronspiegel führt zunächst zur Erhöhung des Balz- und Werbeverhaltens und zur Sicherung des Sozialstatus.
Die Hunde sind selbstsicherer und zeigen Markierverhalten und haben größere Streifgebiete. Testosteron sorgt auch für Duftstoffe im Urin und in der Analdrüse.
Die Nebennierenrinde ist sehr empfindlich – die Zugabe oder Wegnahme von Sexualhormonen führen zu einem Ungleichgewicht und es kommt zu starken das Verhalten beeinflussenden Nebenwirkungen.
Markierverhalten: Markieren ist ein völlig normales biologisches Verhalten, das aber leider immer wieder als Grund für eine Kastration herangezogen wird. Die Kastration beeinflusst das Markierverhalten in den seltensten Fällen, dies
belegt eine Studie über das Daneben – und Übermarkierverhalten von Hunden. Es wurden Urinmarkierungen von Labradoren in deren Umgebung und Hunde in einem Auslauf in Chicago beobac
Die Studie zeigte, dass sowohl kastrierte als auch unkastrierte Hunde regelmäßig über und neben Duftmarkierungen urinierten. Bei der experimentellen Präsentation von Urin markierten nur intakte Rüden über den Urin von intakten
Hündinnen und ihre Rutenpostition zeigte dabei einen erhöhten Status. Danebenmarkiert wurde nur bei unbekannten Urinmarken und war weder vom Geschlecht noch von der Rutenposition beeinflusst. Danebenmarkierungen und
Übermarkierungen nahmen sowohl intakte Hunde als auch Kastraten vor – unabhängig vom Geschlecht.
Im Hundeauslauf stellte man fest, dass sowohl Rüden als auch Hündinnen mit gleicher Wahrscheinlichkeit Urinmarkierungen untersuchten und übermarkierten. Tiere mit hoher Rute markierten öfter als Hunde mit niedrigerRute.
Man deutet die Studie wie folgt: Das Übermarkieren von intakten Rüden über Urin intakter Hündinnen dient dazu, den sexuellen Status auf sie aufrechtzuerhalten und ihren Duft zu verschleiern
DasÜbermarkierenund und Danebenmarkieren von weiblichen und kastrierten Hunden (beiderlei Geschlechts) scheint eher der Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen &eventuell Ressourcenverteidigung zu dienen.
Das bedeutet also, dass bei Kastraten nur ein ganz geringer Teil das Markierverhalten beeinflusst. Das Daneben‑, Gegen- und Übermarkieren von Kastraten scheint in beiden Geschlechtern offensichtlich unabhängig.
Zunächst wurde zwischen Übermarkieren &Danebenmarkieren unterschieden. Es wurden sowohl kastrierte als auch unkastrierte Rüden und Hündinnen und auch deren Rutenhaltung untersucht.
❗❗Aus all diesen Gründen gibt es keine Rechtfertigung einer Kastration vor dem Ende der Pubertät❗❗
Bei einer Hündin, die aus medizinischen Gründen kastriert wird, sollte man die Kastration bis mindestens nach der zweiten Läufigkeit und ihrer Folgen hinziehen. Gleiches gilt bei einem Hodenhochstand bei Rüden. Man sollte dem Hund eine Verhaltensreifung zugestehen, soweit dies irgendwie medizinisch vertretbar ist.
Wer bereits einen zu früh kastrierten Hund erworben hat, dem sollte seine Verantwortung bewusst sein. Physiotherapie, Knochen- und Muskelaufbau, verhaltensstabilisierende und stressbewältigende Trainingsansätze sollten verstärkt zum Einsatz kommen.
❗❗Abgesehen davon, dass viele Menschen nicht einmal den Unterschied zwischen Sterilisation und Kastration kennen, ist diese Praxis tierschutzwidrig und strikt abzulehnen❗❗